
Der Langweiler Temo
Meine Lieblings Pausen Bank steht in Langweiler. Also dort, wo einst Langweiler stand. Auf ihr sitze ich inmitten von Feldern umringt von drei Bäumen. Gerne in der Abendsonne, die gen Mariadorf untergeht. Unter mir das (nun) braunkohlearme, längst aufgefüllte Loch des ehemaligen Tagebaus.
Als ich eines Tages wieder einmal dort anhielt, fand ich eine zweite Bank vor. Sie war sichtbar selbst gezimmert. Auf ihrer Rückenlehne entdeckte ich zwei mit kräftigem Filzstift in scheinbar unsicherer Schreibweise aufgetragene Sätze: „Gestiftet von TeMo April 2023.“ Und darunter: „Ich bin eine Langwieler Jong.“

Monate später stoppte ich ein weiteres Mal an TeMos Bank. Kaum hatte ich mich niedergelassen, näherte sich ein betagter Radler auf einem Pedelec. Er hielt an, stieg ab, grüßte und kontrollierte den Mülleimer nach Pfandflaschen. „Die trinken hier abends oft Bier …“, erläuterte er in meine Richtung und fügte hinzu „… manchmal auch Wein.“ „Die Bank habe ich selbst gebaut“, setzt er das Gespräch fort und kommt näher. „Ich bin in Langweiler geboren und hier aufgewachsen. Früher habe ich im Bergbau gearbeitet. Ich komme hier regelmäßig auf meiner Runde vorbei. Mein Sohn sagt, dass sei in meinem Alter zu gefährlich. Ich mache es aber trotzdem.“ „Früher bin ich Sonntags mit dem Rad bis nach Neuss gefahren. Aber ohne Motor, 50 Kilometer, ich hatte da ein Mädchen. Wir sind dann nachmittags Eis essen gegangen und danach ins Kino. Da ist aber nichts gelaufen, nur Händchenhalten.“ Er lacht laut, ich schmunzle. „Ich habe sie dann nach Hause gebracht und bin im Dunkeln ohne Licht nach Langweiler zurück gefahren. War ja noch nicht viel Verkehr damals.“ Es entsteht ein stiller Moment. Mir gefällt dieser TeMo irgendwie. Aber er will weiter. Er bindet sich noch die Schuhe. Einige Meter neben der Bank entdeckt er eine Getränkedose am Wegesrand. Er sammelt sie auf und verabschiedet sich. Ich bedanke mich für seine Bank. TeMo verstaut die Getränkedose im Fahrradkorb und begibt sich auf seine Runde. Ich schaue ihm hinterher und denke: „Was für ein Langweiler! Ein echt kurzweiliger!“
